Bericht Ironman Hawaii 2016

„Mahalo, Volunteers“

An dem Ironman auf Big Island (Hawaii) nehmen ca. 2400 Teilnehmer aus der ganzen Welt teil. Entsprechend lebhaft geht es in der Wechselzone und am Start zu. Für mich ist es nach 2010 und 2013 der dritte Start bei den Ironman Weltmeisterschaften. Diesmal starte ich als Europameister in der Altersklasse M55.

Schwimmen:

Bei 26°C Wassertemperatur starten die Altersklassen Athleten kurz vor 7 Uhr morgens, eine halbe Stunde nach den Profi Triathleten, vom Pier in Kailua Konar. Leichter Seegang und das dicht gedrängte Feld stellen die ersten Herausforderungen des Wettkampftages dar: Tritte, Schläge und eine verrutschte Schwimmbrille sind die Folgen.

Trotzdem kenne ich keinen anderen Triathlon mit einer schöneren Schwimmstrecke: in der Kailua Bay kann man bunte Korallenfische beobachten. Meine Schwimmzeit ist die beste, die ich auf Hawaii jemals erzielt habe, und ich denke in der Wechselzone, prima, so kann es heute weitergehen. Aber der Tag ist noch lang.

Radfahren:

Der Wechsel auf das Rad verläuft problemlos. Die ersten 10km der Radstrecke führen durch Kailua Kona hindurch, mit einigen Kurven, der Palani Road hinauf und zu einem Wendepunkt. Diesen Part nutze ich, meinen Rhythmus zu finden und den Körper auf die neue Disziplin, meiner Lieblingsdisziplin, einzustellen. Nach dem leichten Anstieg von der Palani Road auf den Queen K Highway zeigt sich mir das Ausmaß dieser gigantischen Veranstaltung und ich verspüre die Faszination, dabei zu sein: bis zum Horizont fahren Athleten wie an einer Perlenschnur aufgereiht auf dem Highway durch die Lava Wüste. Ein beeindruckendes Bild.

Auf dem Queen K Highway angekommen, spüre ich allerdings auch die Hitze, über 30°C, und die gnadenlose Sonne. Zudem haben wir Gegenwind auf dem Weg nach Hawi, dem Wendepunkt im Norden von Big Island, bei Kilometer 95. So freue ich mich schon auf den Rückweg in der Hoffnung, dann mit Rückenwind zurück nach Kailua Kona „fliegen“ zu können.

Die Fahrt nach Hawi verläuft nach Plan. Wichtig ist jetzt eine gleichmäßige Aufnahme von Flüssigkeit (Wasser und isotonische Getränke) und Nahrung in Form von Gelen oder Riegeln, die ca. alle 12 km an sogenannten „Aid-Stations“ ausgegeben werden. Die Aufnahme an diesen Verpflegungsstationen klappt gut, und ich tausche regelmäßig meine Trinkflaschen aus. Die gereichten Wasserflaschen nutze ich, um mich damit nass zu spritzen. So kann ich meinen Körper immer wieder etwas abkühlen.

Die eintönige, dunkle Lava Landschaft auf der einen Seite und der dunkelblaue Pazifik auf der anderen Seite des Highways sind einzigartig und beeindruckend. Zuschauer finden man hier allerdings nur wenige.

Aufpassen muss man auf den 12 Meter Radabstand (von Vorderrad zu Vorderrad). Wird man überholt, muss man sich zurückfallen lassen, damit der Abstand wieder hergestellt wird. Um nicht am Ende des Feldes zu landen, überhole ich meinerseits nun immer häufiger. In den gelben „Penalty Tents“ (Strafzelten) entlang der Strecke finden sich Gruppen von Fahrern ein, die wegen Windschattenfahrens von den „Marshalls“ auf Motorrädern mit einer „Blauen Karte“ belegt wurden. Sie müssen hier eine 5-Minuten-Strafe absitzen. Trotzdem beobachte ich, dass viele Fahrer im Windschatten ihre Energiereserven schonen. Auch hinter mir hängt ein Fahrer, und ich habe wenig Mitleid, als er die Blaue Karte gezeigt bekommt.

Zu meiner großen Enttäuschung habe ich auf der Rückfahrt von Hawi nach Kailua Kona wieder Gegenwind; die „cross-winds“ haben sich gedreht, was hier nicht ungewöhnlich ist. Die Belohnung für die mühevolle Arbeit auf der Hinfahrt bleibt also aus: wieder muss ich hart gegen den Wind kämpfen. So brauche ich für die 180 km viel mehr Energie und Zeit als geplant. Da es der Konkurrenz genauso ergeht, bin ich mit dem Radfahren noch recht zufrieden.

Laufen:

Nach dem Radfahren bin ich froh, endlich die letzte Disziplin in Angriff nehmen zu können. Während die ersten 10 km noch recht zügig verlaufen, merke ich, wie meine Beine immer schwerer werden und ein flottes Tempo nicht mehr erlauben. Das Radfahren bei den windigen Verhältnissen und den hohen Temperaturen verlangt nun seinen Tribut.

Die ersten 16 Kilometer verlaufen auf dem Alii Drive in Kailua Kona, unterstützt von vielen enthusiastisch anfeuernden Zuschauern und freiwilligen Helfern. Danach beginnt die triste Einöde auf dem Queen K Highway Richtung Flughafen bzw. Energy Lab. Verpflegungsstationen gibt es reichlich (ca. alle 2 km). Wichtiger „Abgabe-Artikel“ bei diesen Aid-Stations sind für mich die Schwämme mit eiskaltem Wasser. Zusammen mit Eiswürfeln, die ich mir ins Trikot stopfe, versuche ich meinen Körper hinreichend zu kühlen. Es ist heiß; die Sonne brennt erbarmungslos. Die Hitze setzt mir zu und bringt mich schnell an meine Leistungsgrenze. Der Highway will kein Ende nehmen! Für Abwechslung sorgt nur die Spitzengruppe, die uns nach und nach - weit auseinandergezogen - entgegen kommt. Außerdem muntert mich Jochen Baumgarten (ebenfalls aus Darmstadt) auf, mit dem ich eine Zeit zusammen laufe.

Viele andere Läufer leiden ebenfalls. Der „Medical Service“ hat auf der Strecke viel zu tun, um sich um kollabierte Teilnehmer zu kümmern.

Schließlich kommt Kailua Kona wieder in Sicht, und ich komme an dem „Hannes Hawaii Tours“ Motivationspunkt, an dem die Crew von Hannes Blaschke (4. auf Hawaii im Jahre 1984) mit toller Musik und lauten Zurufen alle Teilnehmer noch einmal anfeuert, vorbei. Die jubelnden Zuschauer und das Ziel vor Augen mobilisieren noch einmal meine letzten Kräfte, so dass ich flüssig laufend auf den Alli Drive einbiege und die erlösenden Wort „You are an Ironman“ von Mike Reilly über die Lautsprecheranlage höre. Ich bin froh, dass der lange Tag zu Ende geht.

Fazit:

Mit 11:31 Stunden (Schwimmen: 1:14; Rad: 5:42, Laufen: 4:25; 43. AK M55) habe ich dieses Jahr meinen dritten (härtesten und langsamsten) Ironman auf Hawaii beendet. Die Bedingungen waren sehr schwierig. Der Mythos Hawaii bleibt jedoch (oder deswegen) für mich ungebrochen. Der Ironman auf Big Island ist mehr als nur eine Sportveranstaltung. Das heiße und windige Wetter, die raue Natur, die karge Vulkanlandschaft, der warme Pazifik, die uns fremde Kultur und die freundlichen Einheimischen machen ihn zu einem unvergesslichen Erlebnis. Der Ironman auf Hawaii ist eine perfekt organisierte und vermarktete Veranstaltung, die ohne die viertausend engagierten, freiwilligen Helfer nicht möglich wäre. Ihnen gebührt ein großes Lob und dickes Danke.

Oder wie man auf Hawaii sagt: Mahalo!

Thomas Herget

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